Die Weltweite Evangelische Allianz hat das neue Strafgesetz gegen Homosexuelle in Uganda verurteilt, aber zugleich auch die kolonialistisch-patriarchalische Art, wie westliche Nationen Uganda und die Afrikaner überhaupt behandeln. Manchem Evangelikalen in den USA geht das zu weit, vielen Evangelikalen in Europa ist das zu wenig.

Ich bitte aber Folgendes zu bedenken:

Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) ist nicht wie die Katholische Kirche aufgebaut, wo die Zentrale autoritativ mitteilen kann, was die gesamte Kirche (offiziell) vertritt, sondern eher wie der Ökumenische Rat der Kirchen, der nur mit und für seine Mitglieder sprechen kann. Typisch evangelikal ist der Aufbau der WEA von unten nach oben und deswegen kann die WEA nicht einfach Statements in die Welt setzen, ohne die nationalen Allianzen und die realen, betroffenen Kirchen nicht nur gefragt zu haben, sondern mit unterzeichnen zu lassen. Das geht von Pressemeldungen bis hin zu Grundsatzerklärungen. Die WEA kann also nicht ein Statement über ein Problem in Deutschland veröffentlichen ohne Konsultation und Einverständnis der Deutschen Evangelischen Allianz, auch wenn das bei den verabschiedeten Dokumenten selten dabei steht.

Ein glattes Statement, dass den westlichen Kirchen und der weltweiten Medienlandschaft gefällt, nicht aber denen, über deren Länder gesprochen wird, ist so nicht möglich. Vielmehr hatte die Theologische Kommission die Aufgabe, Sichtweisen und Wünsche westlicher nationaler Allianzen mit denen afrikanischer Allianzen und der Afrikanischen Evangelischen Allianz insgesamt übereinzubringen.

In Deutschland sagen nach einer weltweiten Umfrage des Pew Research Center Religion & Public Life von 2013 87% der Befragten, dass Homosexualität von der Gesellschaft anerkannt werden müsse. In Uganda sind es 4%. Das ganze Spektrum der Kirchen in beiden Ländern zusammengenommen, dürfte nicht sehr stark von der Meinung in ihren jeweiligen Ländern abweichen. Allerdings zeigt die Reaktion aller ugandischen Kirchen, auch der evangelikalen Kirchen, auf das Gesetz in Uganda, dass sie in der Frage des Strafrechts gegen Homosexuelle durchschnittlich ‚liberaler‘ sind als die Bevölkerung und das Parlament selbst.

In beide Situationen, also etwa Uganda bzw. Afrika und Deutschland bzw. Europa, gleichermaßen zu sprechen, ist fast unmöglich, trotzdem haben wir es versucht. Was herausgekommen ist, erscheint vielen Afrikanern zu liberal, vielen Europäern zu zurückhaltend formuliert. Aber wer nicht kolonialistisch deutsche Theologie und Kirchenpolitik afrikanischen Kirchen aufzwingen will, sondern Partnerschaft zwischen Kirchen weltweit wirklich ernst meint, kann nur diesen Weg beschreiten. Tatsächlich aber treten auch die meisten deutschen evangelischen Kirchen und ihre Missionswerke in diesen Fragen mit kolonialistischer Gesinnung an und erwarten schlicht, dass sich die Kirchen in Afrika der ‚tieferen‘ Einsicht der westlichen Kirchen anschließen.

Anhang: Hier noch Details zur erwähnten Umfrage: In den Umfragen zum Thema Homosexualität des Pew Research Center Religion & Public Life in vielen Ländern der Erde, die im Juni 2013 in der Studie „The Global Divide on Homosexuality“ veröffentlicht wurden, gaben auf die Frage: „Homosexualität sollte von der Gesellschaft anerkannt werden („homosexuality should be accepted by society“) folgende Prozentsätze eine positive Antwort: Am höchsten: Spanien 88%, Deutschland 87%, Kanada 80%, Australien 79%, Frankreich 77%, Großbritannien 76% [in den USA waren es 60%]    
Am niedrigsten: Nigeria 1%, Tunesien 2%, Ghana, Senegal, Ägypten, Jordanien, Indonesien: alle je 3%, Uganda 4%, Palästinensische Autonomiegebiete 4%, Kenia 8%

 

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