Meine Dissertation über den Bonner Germanisten Hans Naumann „Das göttliche Volkstum“ und der „Glaube an Deutschlands Größe und heilige Sendung“: Hans Naumann als Volkskundler und Germanist im Nationalsozialismus. [2 Bände, 1992]. zus. 620 S. Neuauflage in einem Band. 2000. ISBN 978-3-932829-16-1 ist immer noch lieferbar, zum Beispiel hier.

Da sie vor dem Internetzeitalter erschien, gebe ich hier wenigstens einmal in neuer Rechtschreibung die Thesen, den Aufbau und die Gliederung der Arbeit wieder.

Ziele bzw. Thesen der Arbeit

Die Arbeit will zeigen

  • dass Naumann seine volkskundliche Theorie im Jahre 1920 erarbeitet, 1921–1922 niedergelegt und seitdem praktisch weder an ihr weitergearbeitet noch sie wesentlich verändert hat, dies aber auch für die Zeit des Nationalsozialismus gilt,
  • dass Naumann die Volkskunde zeitlebens nur theoretisch betrieben, nie aber praktisch geforscht hat, und deswegen seine Theorie vom gesunkenen Kulturgut nie empririsch belegen konnte,
  • dass Naumann deswegen mit der tatsächlichen Bonner Volkskunde, d. h. mit der volkskundlichen Abteilung des Instituts für geschichtliche Landeskunde und seinen Mitarbeitern, wissenschaftlich nicht zusammengearbeitet hat,
  • dass Naumanns Theorie vom gesunkenen Kulturgut eine untrennbare Einheit mit seinen germanistischen Theorien bildet, dass in der Verschmelzung von Germanentum, Antike und Christentum in der staufischen Ritterkultur die deutsche Kultur ihren Höhepunkt erreicht hatte,
  • dass die Verbreitung dieser germanistischen und volkskundlichen Kulturtheorie zugleich seine persönliche Biographie bestimmte und ausmachte,
  • dass Naumann sich in der Darstellung seiner germanistischen und volkskundlichen Kulturtheorie eher als Prophet verstand, der die Vergangeheit deutete und der erklärte, wie die Kultur aussehen sollte, denn als historisch oder positiv forschender Wissenschaftler,
  • dass Naumanns Theorie letzlich eine nicht hinterfragbare, unantastbare und religiös anmutende Geschichtsphilosophie zugrundeliegt,
  • dass Naumanns Theorie vom gesunkenen Kulturgut für ihn immer unmittelbare politische Konsequenzen hatte,
  • dass Naumann keine eigentlichen Schüler hatte, obwohl er dachte eine große Schule begründet zu haben,
  • dass Naumann nicht von seinen Schülern ‚radikalisiert‘ wurde, wie man oft zu seinen Gunsten behauptet hat, sondern selbst der mit Abstand ‚radikalste‘ Vertreter der Theorie vom gesunkenen Kulturgut war,
  • dass Naumann dennoch der meistdiskutierte volkskundliche Theoretiker zwischen 1918 und 1945 war, dies jedoch nicht, weil ihm zugestimmt oder gefolgt wurde, sondern weil fast alle anderen volkskundlichen Theoretiker ihre Theorien in Auseinandersetzung mit Naumann entwickelten,
  • dass in derselben Auseinandersetzung Naumann meist lobend als Vater der Theorie vom gesunkenen Kulturgut angesehen wird, obwohl diese nicht von ihm stammt, sondern sein Eigenanteil an ihr die Lehre war, mit dieser Theorie alle volkskundlichen Phänomene erklären und der Volkskunde ihr Arbeitsgebiet anweisen zu können,
  • dass in dieser Auseinandersetzung Naumann nur sehr selten mit empirischer Forschung geantwortet, sondern ihm normalerweise nur ein anderes Kulturgesetz entgegengehalten wurde,
  • dass dies insbesondere auch für die Zeit des Nationalsozialismus gilt,
  • dass weder die untrennbare Verbindung mit seiner germanistischen Kulturtheorie noch der nicht hinterfragbare, geschichtsphilosophische Charakter seiner Weltsicht von seinen volkskundlichen Gegnern erkannt und diskutiert wurde,
  • dass Naumann bis zu seinem Tod nach Ende des Zweiten Weltkrieges nie verstand, wo der tiefgreifende Unterschied zwischen seiner Kulturtheorie und dem Nationalsozialismus lag, weswegen er meinte, durch seine massive Unterstützung des Nationalsozialismus seine eigene Kulturtheorie zu verwirklichen,
  • dass Naumann deswegen in seiner massiven Unterstützung des Nationalsozialismus praktisch nie rassistische Gedanken äußerte,
  • dass er zugleich aber Hitler zutiefst und religiös anmutend als Erfüllung seiner Kulturtheorie verehrte.

Aufbau der Arbeit

Dazu soll nach einer Einleitung zunächst im I. Kapitel gefragt werden, worauf sich Naumanns wissenschaftlicher Ruf in der Straßburger und Jenaer Zeit (1911–1918) gründete und gezeigt werden, dass Naumann in der Straßburger Zeit noch keine seiner später berühmt gewordenen Kulturtheorien vertrat.

Im II. Kapitel soll gezeigt werden, dass Naumann die Volkskunde der Germanistik nach seinem Studium hinzugesellte und dass Naumann in seinen ersten volkskundlichen Veröffentlichung in Straßburg die Theorie vom gesunkenen Kulturgut noch nicht vertrat, diese aber 1919/1920 erarbeitete und ab 1921 veröffentlichte.

Im III. Kapitel sollen die beiden Hauptschriften zur Volkskunde und damit die Theorie vom gesunkenen Kulturgut vorgestellt werden.

Im IV. Kapitel wird die Frage nach möglichen Vorläufern gestellt und insbesonder Naumann Verhältnis zu Levy-Bruhl untersucht.

Im V. Kapitel soll anhand aller späteren volkskundlichen Veröffentlichungen Naumanns gezeigt werden, dass in Naumanns Forschung die Volkskunde eine marginale Rolle spielte und Naumann keinerlei empirische Forschung Betrieb und in Gang setzte, um seine Theorie zu belegen.

Im VI. Kapitel soll gezeigt werden, dass Naumann in seinen wenigen programmatischen Schriften zur Volkskunde nach 1922 die Theorie vom gesunkenen Kulturgut auf die Sprache ausgedehnt hat und dabei die Berechtigung einer Zuteilung von getrennten Aufgaben für Germanistik und Volkskunde nur unter dem Dach seiner Kulturtheorie sehen konnte.

Dies führt im VII. Kapitel zur Darstellung der Geschichtsphilosophie Naumanns in seinen germanistischen Arbeiten, und zwar zunächst nur bis zum 3. Reich.

Von der germanistischen Geschichtsphilosophie führt der Weg im VIII. Kapitel direkt zu Naumanns politischen Schriften und Ansichten, die nach der Frankfurter Zeit, der Bonner Zeit bis zur Machtergreifung und für die Zeit danach betrachtet werden. In diesem Kapitel soll auch versucht werden, Naumanns Aktivitäten und Äußerungen während des Dritten Reiches möglichst vollständig zu erfassen, um ihren jeweiligen Stellenwert beurteilen zu können.

Die Auseinandersetzung mit Naumann wird im IX. Kapitel jeweils nach Schülern und Kritikern getrennt für die Zeitabschnitte der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus, der Zeit unmittelbar nach 1945 und für die Gegenwart vorgenommen. Dabei wird auch gezeigt, dass Naumann seine Auffassung bis zum Tod nie geändert hat.

Es folgen eine Zusammenfassung in Thesen, einige Anhänge mit Daten zu Naumann und der Bonner Volkskunde und das Literaturverzeichnis, das auch eine (möglichst) vollständige Bibliographie Naumanns enthält.

Gliederung

  • 0. Einleitung

I. Kapitel: Begründung des akademischen Rufes in Straßburg und Jena

  • 1. Wirken an der Universität Straßburg
  • 2. Germanistische Arbeiten in Straßburg und Jena

II. Der Zeitpunkt der Entstehung der Theorie vom gesunkenen Kulturgut

  • 1. Schriften zur Volkskunde in Straßburg
  • 2. Volkskundler an der Universität Jena

III. Die Theorie vom gesunkenen Kulturgut

  • 1. Die Hauptschriften zur Volkskunde
  • 2. Die Theorie vom gesunkenen Kulturgut

IV. Zur Vorgeschichte Geschichte der Theorie vom gesunkenen Kulturgut

  • 1. Vorbilder im Bereich der Ethnologie und Soziologie
  • 2. Vorbilder im Bereich der Volkskunde
  • 3. Zusammenfassendes Urteil

V. Naumanns volkskundliches Schaffen nach 1922

  • 1. Seine volkskundlichen Veröffentlichungen
  • 2. Das Verhältnis zur Bonner Volkskunde

VI. Germanistik und Volkskunde in den volkskundlichen Schriften

VII. Germanistik und Geschichtsphilosophie in der Frankfurter Zeit

VIII. Naumanns politische Schriften und Ansichten

  • 1. Naumanns politische Sicht in der Frankfurt Zeit
  • 2. Kaiser Wilhelm II. und der Doorner Arbeitsgemeinschaft
  • 3. Politische Schriften vor und kurz nach der Machtergreifung
  • 4. Politische Ansichten in Neuauflagen volkskundlicher und germanistischer Werke
  • 5. Politik, Germanistik und Volkskunde in Vorträgen im Dritten Reich
  • 6. Aktivitäten im Dritten Reich

IX. Die Auseinandersetzung mit Naumann

  • 1. Die Auseinandersetzung anderer volkskundlicher Theoretiker mit Naumann zur Zeit der Weimarer Republik
  • 2. Nationalsozialistische Kritiker Naumann
  • 3. Der Streit um die Amtsenthebung Naumanns
  • 4. Naumanns Sicht der Dinge bis zu seinem Tod
  • 5. Die Auseinandersetzung volkskundlicher Theoretiker mit Naumann in der Bundesrepublik
  • 6. Marxistische Kritiker Naumanns

X. Zusammenfassende Beurteilung

XI. Anhänge zu Hans Naumann, zur Bonner und zur Kölner Volkskunde

XII. Literaturverzeichnis

 

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